Im Anfang

 

"Niemand kann deine Schönheit bewundern", sprach der Teufel zu
Gott in der Höh'. Und ich hab mich selbst an die Wand gemalt,
auch das kann niemand sehen! Wozu diese ewige Finsternis?
Entschuldige, du Gott, ich verstehe das nicht!" --
"Du hast recht!" rief der Herr zum Teufel und er sprach:
"Es werde Licht!"

"Gut", sprach der Teufel zum Herrn, "du hast Tag und Nacht
geschaffen, doch wenn es Tag ist, wo wirst du spielen, wenn es
Nacht ist, wo wirst du schlafen?" --
"Du hast recht!" rief der liebe Gott, "du weißt, der Herr baut nie
auf Sand!" Und er nahm sich sogleich den Himmel und setzte ihn
instand.

"Gut gemacht", sprach der Teufel", du wohnst jetzt, wie sich's
gehört. Nur der Ausblick, den du hast, der ist deiner noch nicht
wert! --
"Ja, bunte Blumen sollen blühen auf der Erde, ich will Farben
sehen", rief der Herr, und er schuf auch die grünen Wälder,
und er schuf das blaue Meer.

"Sei gepriesen!" rief der Teufel, "du hast ein Wunder vollbracht!
Du hast die Erde da unten schöner als deinen eigenen Himmel
gemacht!" --
Schöner als den eigenen Himmel? Das hörte der Herr nicht gerne,
und er schmückte ihn schnell mit Juwelen, das waren Sonne,
Mond und Sterne.

"Welch eine Pracht", jubilierte der Teufel, "Psalmen sollen
erklingen, doch das Problem ist, edler Herr, es ist niemand da,
sie zu singen!" --  
"Dann müssen Sänger her!" rief Gott, "die zu mir schnattern,
miauen, tirilieren, die zu mir bellen, die zu mir röhren!" 
Und der Herr schuf die Tiere.

"Geliebter Herr", schleimte der Teufel, "fünf Wunder hast du
vollbracht, aber fehlt nicht noch ein Wesen, nach deinem Ebenbild
gemacht?" --
"Das mach' dir selbst!" sprach der liebe Gott, "ich bin müde, ich will
schlafen!"

Und so hat am sechsten Tag der Teufel den Menschen erschaffen.


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