A Verbrecher weniger auf der Welt

 

Ich schau auße aus’m Fenster,
so viele Lichter hat die Stadt,
sicher kommen morgen a Haufen Leut‘
auch das Fernsehen kommt, haben’s g’sagt.
A frisches Hemd werd ich morgen tragen,
aus weißem Kattun,
nur das Hemd, es hat kan Kragen,
is eh klar, warum.

Mama, und du wanst daham, aber du warst
doch auch immer dafür,
dass bei uns bald wieder a Galgen aufgstellt wird.
Und jetzt steht er da für mich, für mich, dein
eigenen Sohn,
Mama, warum wanst, Mama, sei doch froh,
a Verbrecher weniger auf der Welt.

Der Pfarrer hat mi heut besucht,
er war wirklich sehr nett,
zum Schluß hab ich sogar
a Vaterunser mit ihm bet‘.
Sogar der alte grantige Wärter,
der nie spricht, scho gar net mit mir,
hat ganz laut mitgebetet, draußen vor der Tür.

Mama, und du wanst daham, aber du hast doch
auch immer g’schrien:
"es wird Zeit, dass bei uns bald wieder a Galgen
aufgstellt wird".
Und jetzt steht er da für mich, für mich, dein
eigenen Sohn,
Mama, warum wanst, das hast doch immer wollen,
an Verbrecher weniger auf der Welt.

Ich bin g’spannt, wie er dreinschaut,
der Henker morgen früh,
vielleicht grinst er mich an,
dann grins ich halt z’ruck, so gut ich kann.
Sicher tragt er an schwarzen Hut
und seine Händ san tätowiert,
hoffentlich macht er es gut,
hoffentlich wer ich nix spüren.
Hoffentlich wer ich nix spüren.


© edition karl scheibmaier wien